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Beziehungen

Nähe und Distanz: Wie viel gemeinsame Zeit tut gut?

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Podcast: Nähe und Distanz: Wie viel gemeinsame Zeit tut gut?

Wenn wir uns vergegenwärtigen, wie wenige wirklich glückliche Beziehungen es um uns herum gibt, müssen wir zugeben, dass das von den meisten Menschen gelebte Beziehungsmodell nicht funktioniert.

Dadurch, dass die meisten Paare fast ihre gesamte freie Zeit miteinander verbringen, alles miteinander besprechen und teilen, geht die Polarität und damit die gegenseitige Anziehungskraft verloren. Zu viel Nähe, alltägliche Routine und zu viel miteinander verbrachte Zeit zerstört ganz offenbar die Leidenschaft innerhalb einer Beziehung.

Die sexuelle Revolution in den 68ern, die die reinen Zweierbeziehungen als spießig ansah und sexuelle Offenheit propagierte, brachte auch keine dauerhafte Lösung für den Verlust der Polarität zwischen Paaren. Es sieht so aus, als wenn eine intime Beziehung für uns nur dann Tiefe bekommt, wenn wir darauf vertrauen können, dass unser Partner diesen Bereich exklusiv mit uns lebt. Sobald die Intimität mit einer dritten Person geteilt wird, entsteht eine Schieflage. Wenn der Partner von dieser Beziehung keine Kenntnis hat, verletzten wir ihn durch unsere Unaufrichtigkeit und nehmen ihm seine Freiheit, auf die Situation zu reagieren. Dies führt in aller Regel zu Schuldgefühlen. Wird die Intimität zu einer anderen Person offengelegt, führt dies praktisch immer zu einer gefühlsmäßigen Distanzierung. Eifersucht, Verletztheit und die Angst, verlassen zu werden, führen dann zu Konflikten und innerlichem Rückzug des Partners. All dies sind Ego-Themen.

Liebe lässt frei, will nie jemanden beherrschen oder festhalten. Die Idee, Liebe würde sich nur auf den eigenen Partner beschränken lassen, basiert auf Unkenntnis ihres Wesens. Dennoch ist es in unserer Gesellschaft so, dass wir eine dauerhaft glückliche und tiefe intime Beziehung nur mit einem Partner zurzeit haben können und dass das Vertrauen in die gegenseitige Treue Voraussetzung dafür ist, dass wir uns aufeinander einlassen können.

Wie also schaffen wir die Balance zwischen der ersehnten Nähe einer intimen Beziehung und der nötigen Distanz zur Aufrechterhaltung der Polarität und Leidenschaft? Wochenendbeziehungen sind diesbezüglich eine praktische Einrichtung, sie schaffen jedoch einen künstlichen Rhythmus der Distanz und Nähe und sind daher für die meisten Paare nach einer Zeit lang unbefriedigend. Also zieht man zusammen. Dann entsteht die Tendenz, Zeit einfach routinemäßig miteinander zu verbringen, zusammen einzukaufen, zu kochen, sich vor den Fernseher zu setzen. Dabei geht die anfängliche Polarität verloren, der Partner wirkt auf uns immer langweiliger und uns erscheinen andere Männer oder Frauen auf einmal viel attraktiver, weil wir sie als männlicher bzw. weiblicher gegenüber unserem eigenen Partner empfinden - und uns diese Polarität anzieht. Aus dem gleichen Grund haben wir schließlich einst unseren Partner gewählt! Doch durch die Art, wie wir die Beziehung gestaltet haben, ist diese ursprüngliche Anziehungskraft verschwunden.

Daher ist es wichtig, eine gute Wahrnehmung für die Anziehungskräfte und Polaritäten in einer Beziehung zu entwickeln und zu lernen, sie aufrechtzuerhalten und sie zu beleben. Dazu gehört die Möglichkeit, unter einem Dach zu wohnen, jeder für sich aber sein eigenes 'Reich' zu haben, das er/sie nach seiner Vorstellung gestaltet. Das Thema Nähe und Distanz ist in den meisten Beziehungen ein häufiges Konfliktthema, denn das Bedürfnis nach Nähe verändert sich in seinem Grade ständig und ebenso wie es bei uns schwankt, tut es dies bei unserem Partner. Die Momente, in denen das Bedürfnis nach Nähe in einer Partnerschaft exakt gleich stark ist, sind denn auch eher die Ausnahme als die Regel.

Natürlich hat auch ein gemütlicher Fernsehabend zu zweit oder ein gemeinsamer Lesenachmittag auf der Couch seinen Reiz. Doch alles, was zur Routine wird, und dazu gehört auch routinierter Sex, verliert früher oder später seinen Reiz und entzieht unserer Beziehung Kraft und Leidenschaft.

Daher gilt es immer wieder aus Neue zu prüfen, wie viel Zeit man mit seinem Partner verbringen möchte. Eine Stunde am Tag, in der wir für unseren Partner hundertprozentig da sind, uns ihm bewusst zuwenden, die Zeit gezielt miteinander gestalten, sind viel nährender, als ein kompletter Abend, an dem man nur dumpf nebeneinander her lebt...


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